Weg mit Nullstunden-Verträgen und Arbeit auf Abruf
Die Corona-Pandemie hatte verheerende Folgen für einige Arbeiter*innen. Dabei verschärfte die Krise nur bereits bestehende Probleme. Eines davon ist und war die Arbeit auf Abruf. Die Ausweitung der Kurzarbeit auf diese Arbeitsform zeigte erstmals auf, wie viele Menschen prekär beschäftigt sind: Das Seco geht von 200‘000 Arbeiter*innen aus. Nullstunden-Verträge müssen aufhören. Demonstration am 29. August in Bern.
Wenige Vorteile für wenige Arbeiter*innen auf Abruf
Es ist nicht so, dass Arbeit auf Abruf nur Nachteile bringt. Diese Art der Arbeit ist hoch flexibel. Das heisst, dass z.B. Studierende in ihren Ferien mehr arbeiten können, während sie in der Prüfungsphase weniger bis gar nicht arbeiten können. Menschen mit einem Bedürfnis nach sehr flexiblen Arbeitszeiten sind damit eigentlich gut bedient. Das Problem ist: Arbeit auf Abruf bedeutet, dass dein Chef dich zur Arbeit aufbieten kann. Du kannst also nicht verlangen, während einer gewissen Zeit – z.B. während Prüfungen - nicht zu arbeiten.
Arbeit auf Abruf ist nichts weiter als Null-Stunden-Verträge. Das heisst, dass du als Arbeiter*in keine Stundengarantie hast. In guten Monaten arbeitest du sehr viel, in schlechten fast gar nichts. Das heisst auch, dass dein monatliches Einkommen stark schwankt und du vollständig abhängig bist vom „guten Willen“ deiner*s Chef*in. Finanzielle Sicherheit ist damit nicht gegeben.
Problem bei Arbeitskämpfen
Ein weiteres Problem besteht darin, dass dir bei starken Schwankungen in der Arbeitszeit still gekündigt werden kann: Der Chef bietet dich einfach nicht mehr auf für die Arbeit, schuldet dir aber auch keinen Lohn - Vorausgesetzt, dass deine Arbeit stark schwankt. Bei regelmässigen Einsätzen kann es sein, dass du stillschweigend in ein Teilzeitarbeitsverhältnis kommst. Dies kann schwierig werden, wenn die Arbeiter*innen auf Abruf sich gegen mühsame Arbeitsbedingungen wehren. Solche Versuche der Selbstorganisation enden nicht selten in einer stillen Kündigung. Gleichzeitig ist Arbeit auf Abruf längst nicht immer – wie von der Arbeiter*innenseite behauptet – „freiwillig“: Viele müssen diese Arbeitsart schlucken, da sie kaum Alternativen haben. In diesen Fällen wird die Arbeit auf Abruf zu einer starken Belastung, da diese Arbeiter*innen auch oft noch andere Arbeit haben müssen. Die Arbeit auf Abruf ist also nicht im Interesse der Arbeiter*innen, sondern die Chef*innen sind im Vorteil: Sie können Arbeitsrecht umgehen und gleichzeitig das ganze Betriebsrisiko auf uns abwälzen.
Verheerend in der Corona-Krise
Viele der Mängel der Arbeit auf Abruf zeigten sich deutlich in der momentanen Krise: Arbeit auf Abruf ist z.B. weit verbreitet in der Gastronomie, um saisonale Schwankungen auszugleichen. Mit der Schliessung der Betriebe Mitte März verloren viele auf einen Schlag ihre Arbeit, ohne dass Kündigungszeiten eingehalten werden mussten. Ohne die Intervention des Bundesrats wären viele ohne Kurzarbeit dagestanden. Ende August läuft jedoch auch der Anspruch auf Kurzarbeit für Arbeiter*innen auf Abruf aus – es ist aber ohnehin nicht so, dass alle mit Anspruch auch wirklich Kurzarbeit gekriegt haben. Viele wurden auch einfach still gekündet, da sich die Chef*innen die Mühe zur Abrechnung nicht machen wollen.
Das störendste daran ist: Der Arbeitgeber*innenverband Gastrosuisse empfiehlt seinen Mitgliedern auf den Sommer Neuanstellungen nur noch mit Nullstundenverträgen zu machen: Genau aus dem Grund, dass bei einer zweiten Welle und allfälligen Schliessungen wir Arbeiter*innen keine Lohnansprüche erheben können. So viel zum Thema „Sozialpartnerschaft“.
Weg mit den Nullstunden-Verträgen
Es sollte also mittlerweile klar sein, dass Arbeit auf Abruf nicht im Interesse der Arbeiter*innen ist. Deswegen kann die einzige Forderung der Arbeiter*innen sein: Weg mit den Nullstundenverträgen! Es kann nicht sein, dass die grossen Systemgewerkschaften wie die Unia Gesamtarbeitsverträge unterschreibt, in denen Nullstundenvertäge möglich sind, so wie dies in der Gastronomie mit dem L-GAV geschehen ist.
Vorläufige Alternativen sind leider nicht schwierig: Es können in Ausnahmefällen Jahresarbeitszeiten vereinbart werden. Der Stundensaldo wird so auf das ganze Jahr berechnet. In den meisten Fällen ist es jedoch besser, Verträge basierend auf Monatslöhnen zu machen. Das schwierige daran ist einzig, dass nicht absichtlich zu tiefe Pensen und somit Löhne vereinbart werden. Denn in einigen Branchen wie der Gastronomie ist es Problemlos möglich, Überstunden 1:1 zu kompensieren.
Wir täten also gut daran, mit dem Mythos aufzuräumen, dass beide Seiten, Arbeiter*innen und Chef*innen, von Arbeit auf Abruf profitieren. Gleiches gilt auch für die Temporär-Arbeit. Mit dem Mythos, dass Nullstunden-Verträge eine Seltenheit sind, hat bereits die Corona-Krise ausreichend aufgeräumt – mit verheerenden Folgen für die Arbeiter*innen.
Ein erstes Zeichen soll am 29. August in Bern gesetzt werden, weitere Infos folgen.