Sparen über Gesundheit: Auch in Bern

„Verschärfungen“ der Kantonsregierung verfehlen die Ziele. Interne Dokumente zeigen, dass sich der Regierungsrat ein weiteres mal von der Wirtschaft hat einwickeln lassen: geplante Schliessung der Restaurants am 30. November wich einem Kompromiss, der nichts nützt. Gastro-Arbeiter*innen sehen einer schwierigen und betrügerischen Zeit entgegen.

 

Problem erkannt …

 

Als der Regierungsrat am Freitag 27. November überraschend eine erneute Pressekonferenz ansagte war klar worum es ging: Die Fallzahlen waren nach einem Monat nicht sonderlich gefallen, sondern blieben auf hohem Niveau stabil. Die Massnahmen von 26. Oktober hatten kaum eine Besserung gebracht. Dies ist problematisch, denn Ende Monat steht mit den Feiertagen eine Zeit an, in der sich viele Menschen aus vielen Regionen treffen. Es besteht die Gefahr, dass sich dadurch COVID-19 über die ganze Schweiz und vor allem über den ganzen Kanton ausbreiten kann, wenn die Infektionen nicht zurückgehen. Dieses Problem scheinen die Expert*innen auch in Bern gesehen zu haben. Die „Lösung“ des Regierungsrats ist jedoch mehr als fragwürdig.

 

… Problem nicht wirklich gebannt

 

Die sehr kurze Medienkonferenz bestand eigentlich aus dem Appell, sich nochmals einzuschränken. Nach Rücksprache mit Gastrobern, dem lokalen Branchenverband der Gastronomie, erliess der Regierungsrat nicht etwa eine Schliessung der Gastronomie, sondern verlegte die Sperrstunde auf 21.00 Uhr und begrenzte die Zahl der Gäst*innen auf 50 Personen. Dies bringt die Betriebe, welche vom Abendgeschäft leben, in eine schwierige Situation. Denn der Kanton ist bedacht darauf, Geld zu sparen. Ob hier eine „freiwillige“ Schliessung des Betriebs nicht finanzielle Sanktionen nach sich zieht bleibt unklar.

 

Schliessung war geplant

 

Wie nun aus internen Dokumenten von Gastrobern bekannt wurde, offenbarte der Regierungsrat an der kurzfristigen Sitzung mit Gastrobern, dass eigentlich eine Schliessung der Gastro-Betriebe angezeigt wäre, um für die Festtage gewappnet zu sein. Zweifelsohne war dies eine Empfehlung der Expert*innen. Am Schluss siegte jedoch das wirtschaftliche Kalkül über die gesundheitliche Vernunft. Dies fügt sich in die nationale Strategie ein, welche eine der liberalsten in Europa ist. Der Berner Kniefall vor Gastrobern ist dabei exemplarisch für das, was sich im letzten halben Jahr an den Massnahmen geändert hat: Statt auf die Expert*innen zu hören wird immer mehr auf die wirtschaftlichen Lobbys gehört. Statt echte Massnahmen durchzusetzen, werden Alibi-Übungen veranstaltet, welche die Wirtschaft schützen sollen. Doch genau in der Gastronomie zeigt sich, dass statt einem harten Lockdown nun für einige Betriebe ein Tod auf Raten folgt.

 

Zögerliche Politik

 

Während in der Romandie ein Kanton nach dem anderen angesichts der steigenden Infektionen die Restaurants schloss, zögerte der Berner Regierungsrat weiter. Erst am 26. Oktober kam die Schliessung von Klubs und Bars. In der Gastronomie wurden lediglich Sperrstunden eingeführt und Begrenzungen der Personen (4 Personen pro Tisch).

 

Der Grund für die halbherzigen Massnahmen ist recht simpel. Auch zum Beispiel der Bundesrat macht keinen Hehl daraus, dass es hier um finanzielle Abwägungen geht: Es wird versucht, so wenig Entschädigungen wie möglich zahlen zu müssen. Die Schweizer Politik hat sich also für einen derben Mittelweg entschieden: Einzelne Branchen und viele Menschen werden nun den Virus und seinen Folgen geopfert.

 

Druck auf Gastro-Arbeiter*innen steigt

 

Die Sorge vor Konkursen steigt in der Branche. Seit März ist es eine wahre Durststrecke für viele Betriebe. Wie so oft in der Branche wird nun versucht, das Betriebsrisiko auf die Arbeiter*innen abzuwälzen. Oder wie es der höchste stadtberner Gastronom sagt: „Heute ist man als Wirt zu vielem bereit“. Gegen die folgenden Angriffe gibt es nur eine Antwort: gewerkschaftliche Organisation.

 

Hier geht es zu unserer Gastro-Kampagne.

 

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