Rede zur Gastronomie am 1. Mai

Gastro-Rede 1. Mai

 

Es war ein turbulentes Jahr für die Gastronomie. Viele haben ihre Arbeit verloren und jene, welche weiterhin einen Job haben, sind geplagt von Unsicherheit und finanziellen Nöten.

Wir sind uns in dieser Branche gewohnt, stets flexibel zu bleiben, doch diese Pandemie hat uns vieles abgefordert. Wir stehen hinter dem Grossteil der Massnahmen und solidarisieren uns mit dem Pflegepersonal. Doch mittlerweile haben auch wir den Überblick verloren, welche Massnahmen in der Gastronomie nun gelten, und welche schon wieder aufgehoben wurden. Die Branche brennt, und wir arbeiter*innen sind die ersten, welche ins Feuer geschickt werden. Das Betriebsrisiko wird immer wieder auf uns abgewälzt.


Die Terassenöffnung führt zum Beispiel dazu, dass die Arbeitsbedingungen noch prekärer geworden sind. Wir wissen oft erst am gleichen Tag ob und wie viel wir arbeiten können, da wir nun komplett vom Wetter abhängig sind. Die Betriebe werden staatlich unterstützt in dieser unsicheren Lage. Aber Wir Arbeiter*innen können schauen wo wir bleiben. Auch das ist typisch für den Umgang mit uns Arbeiter*innen in dieser Krise.


Unsicherheiten prägen nun schon seit über einem Jahr das Leben der Gastro-Arbeiter*innen. Angst ist eine ständige Begleiterin. Haben wir Morgen noch eine Arbeitsstelle? Und wie soll ich mit so wenig Geld überleben? Das Trinkgeld, was etwa einen Fünftel unseres Lohnes ausmacht, ist zu einem Grossteil weggebrochen. Während der langen Schliessungszeit kriegten viele von uns nur 80% des Lohnes. Denn trotz den grossen Ankündigungen des Parlaments Mitte Dezember, dass die Gastronomie 100% Kurzarbeitsentschädigung kriegen würde, war dies schlicht nicht der Fall: Menschen im Monatslohn kriegten gerade mal 91%. Die Stundenlöhner*innen, welche einen Grossteil der Branche ausmachen, kriegten gerade mal 81%, und dies wohlgemerkt nur, falls wir zum beschissenen Mindestlohn arbeiten müssen. Spätestens da sollten alle gemerkt haben, dass sich die Politik nicht für uns einsetzen wird. Entweder hat die Politik keine Ahnung von unseren Arbeitsbedingungen, oder sie wollten uns mit dieser Aktion verarschen.


Andere Arbeiter*innen haben viel weniger Geld gekriegt, als ihnen zusteht oder überhaupt kein Geld gesehen.

Ein weit verbreitetes Übel in der Branche ist, dass wir kaum geregeltes Einkommen und Arbeit haben. Ein Grossteil der Verträge wird immer noch auf Abruf abgeschlossen. Das heisst, dass wir keine garantierte Stundenanzahl pro Monat haben, damit haben wir auch keine finanzielle Sicherheit. Diese sogenannten Null-Stunden-Verträge haben sich in dieser Krise nun massiv gerächt. Gerade zu Beginn der Pandemie warteten viele von uns Monate auf den Lohn. Die Ämter wussten nicht wie mit uns Menschen auf Abruf umgehen. Viele die sich ohnehin schon von Monat zu Monat hangelten, standen ohne Einkommen dar.


Es ist auch für unsere Branche eine schwere Zeit. Doch selbst wenn diese Pandemie vorbei sein sollte und alles wieder normal wird in unserer Branche, dann bleiben noch viele Baustellen und viele Ungerechtigkeiten. Die Gastronomie ist sonst schon ein schwieriges Pflaster: Wir arbeiten früh, wir arbeiten spät, wir arbeiten im Schichtbetrieb. Schon vor der Pandemie waren wir geplagt von unsicheren Schichten, kurzfristigen Zu oder Absagen für Arbeit und einem miesen Lohn.

Hinzu kommt, dass Rassistische und Sexistische Strukturen auch in unserer Branche schamlos ausgenutzt werden. Sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz liegen an der Tagesordnung. Und nur die wenigsten Betriebe stärken Betroffenen den Rücken. Besonders wenn es im Team zu übergriffen kommt, wird dies oft totgeschwiegen. Oder es läuft so wie im Unternehmen Mitte in Basel: Nicht etwa der übergriffige Koch wurde entlassen, sondern die Betroffene Person und ihre Unterstützer*innen. Diese Sauerei muss aufhören.


Gleiches gilt für die Ausbeutung von Menschen ohne Schweizer Pass. Zu oft werden diese Arbeiter*innen unter druck gesetzt, schlecht bezahlt und betrogen. All dies wird ermöglicht durch rassistische Gesetze und Strukturen in unserer Gesellschaft. Dieses Rassistische System muss aufhören.

Alle Arbeiter*innen, verdienen Respekt, gute Arbeitsbedingungen und einen fairen Lohn, unabhängig vom Aufenthaltsstatus oder Geschlecht.


Wie ihr seht gibt es verschiedene Probleme, welche z.T. auch über die Gastronomie hinaus gehen. Wer hilft uns also in dieser Situation? Bei der kurzarbeit sind wir den Chef*innen ausgeliefert. Den Arbeitslosenkassen sind wir ein Dorn im Auge, jeder Rappen der an uns geht ist ihnen einer zuviel. Sei dies nun Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitsentschädigung. Der Bundesrat und die Ämter interessieren sich in der Krise für die Betriebe, aber nicht für uns Arbeiter*innen. Das Parlament stellte sich im Dezember als Retter der Gastro-Arbeiter*innen dar und liess uns mit einem Prozent mehr Lohn zurück. Weder Staat noch Parlament wird uns also helfen, denn sie haben es schon vor der Krise nicht getan.

Vielleicht helfen uns ja die Betriebe? Jene Betriebe, welche immer lauthals erklären, dass wir als Team doch eine Familie sind? Bis auf wenige Ausnahmen haben die Betriebe in dieser Krise im besten Fall weggeschaut. Trotz der Kurzarbeit sind massive Entlassungswellen über die Branche gezogen. Die undurchsichtigen Kurzarbeitsgelder sind zum Teil zurückgehalten oder gar nie beantragt worden, weil es zu viel Aufwand war. Wir sitzen vielleicht im gleichen Sturm wie unsere Chefs, aber ganz sicher nicht im gleichen Boot.


Der Staat wird uns also nicht helfen. Unsere Chefs werden uns nicht helfen. Die einzigen, welche etwas machen können, sind wir Arbeiter*innen selbst. Denn alle diese Probleme sind nicht unsere persönlichen Probleme, sie sind strukturell Bedingt. Und dies gilt nicht nur für die Gastronomie.


Für einen Grossteil unserer Probleme kann Solidarität in form kämpferischer Gewerkschaften helfen. Die Sozialpartnerschaft wie sie der SGB vormacht, ist gescheitert. Der Gesamtarbeitsvertrag in der Gastronomie ist ohnehin schon schwach, eingehalten wird er selten. Er hat den Chefs und den Funktionär*innen der Systemgewerkschaften geholfen, nicht aber uns Arbeiter*innen. Die grossen Systemewerkschaften begnügen sich damit, ab und an Petitionen zu lancieren und ihre Leute ins Parlament zu hieven. Die Basis, also die Arbeiter*innen haben sie seit Jahren vernachlässigt. Wir brauchen Basisgewerkschaften, welche von uns Mitgliedern geführt werden. Denn wir Arbeiter*innen wissen selbst am besten, wo die Probleme liegen und was wir wollen. Diese Krise hat gezeigt, dass für die Mächtigen das Wort Solidarität eine leere Phrase ist. Dagegen halten wir echte Solidarität von unten!


In Zeiten, wo die Armen massiv ärmer werden und die reichsten noch an der Krise verdienen, gibt es nur noch die Verteidigung der Arbeiter*innenklasse und aller anderen Unterdrückten. Wir bitten nicht mehr um ein gutes Leben, wir fordern es ein!


- 100% Kurzarbeitsgelder für Löhne bis 4500, Und das Rückwirkend.

Das Trinkgeld ist komplett weggebrochen! Und diese Krise wird nicht so schnell vorbei sein. Der Sommer wird weiterhin mit Einschränkungen verbunden sein.

- Ein Ende der Ausbeutung auf Abruf. Wir fordern das Ende von Nullstunden-Verträgen. Wir wollen sicherheit, wann und wie viel wir arbeiten können und somit wie viel wir verdienen!

- Unterstützung für alle, auch für die unzähligen Sans-Papiers, welche nicht nur in der Gastronomie gearbeitet haben.

- Wir fordern einen menschlichen Umgang auf den Arbeitslosen- und Sozialämtern, denn viele unserer Genoss*innen sind ihnen ausgeliefert!

- Kündigungsschutz von gewerkschaftlich Aktiven!

 


All dies werden wir nicht geschenkt bekommen, sondern müssen wir uns erkämpfen. Dies schaffen wir nur zusammen. Denn allein machen sie dich ein! Aber zusammen sind wir stark!

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