Organisier dich im Branchensyndikat Soziales
“Nein, ich springe nicht ein! Stellt mehr Leute ein!”
Das Branchensyndikat Soziales hat sich Anfang 2022 gegründet, um gegen die schlechten Arbeitsbedingungen und die wachsende Vereinzelung der Lohnabhängigen zu kämpfen. Wir stellen uns vor:
Wir organisieren uns als Lohnabhängige aus verschiedenen sozialen Berufsfeldern im Branchensyndikat Soziales.
Wir arbeiten in ganz unterschiedlichen Arbeitsfeldern des Sozialen. Unsere Arbeitsplätze sind in Organisationen und Institutionen, welche meistens staatlich (mit-)finanziert sind. Wir befinden uns in Spannungsfeldern zwischen uns als Lohnabhängigen, dem organisationalen Auftrag und Rahmenbedingungen, dem Auftrag der Klientel, dem Mandat und den Grundlagen der Profession der Sozialen Arbeit und den Vorstellungen und Vorgaben des Staates als Geldgeber. Wie Soziale Dienstleistungen finanziert und durch einen sozialen Pseudo-Markt in Konkurrenz zueinander gesetzt werden, hat einen grossen Einfluss auf unsere Arbeit. Abgekürzt: Das günstigste Angebot gewinnt den Auftrag. Die Arbeitsbedingungen im Sozialen werden verschlechtert, Löhne sinken und wir müssen mehr Arbeit in kürzerer Zeit erledigen.
Die Arbeit im Sozialen ist mit hoher emotionaler Belastung verbunden, welche stets mit Sorge- oder Care-Arbeit einhergeht. Wir bewältigen täglich Krisen in Zusammenarbeit mit anderen Menschen und sind stellvertretend davon betroffen. Die Arbeit ist kaum strukturierbar und erfordert demnach theoretische Grundlagen im täglichen, professionellen Handeln. Durch hohe Fallbelastung, Zeitdruck und zum Teil widersprüchliche Anforderungen unterschiedlicher Seiten wird Professionalität häufig verunmöglicht.
Die Auswirkungen auf die arbeitenden Personen sind dabei massiv. Wir sind dazu angehalten, unsere Lohnarbeit unter grossem (Zeit-)Druck sowie unprofessionellen Standards zu verrichten. Dadurch entsteht eine Unzufriedenheit dem eigenen Handeln gegenüber.
In diesem Unbehagen werden die Arbeiter*innen häufig alleine gelassen. Während der bezahlten Arbeitszeit wird selten Raum geschaffen, die Situation der Angestellten zu bearbeiten. Reflexionsmomente wie Super- oder Intervisionen nehmen in der Regel die Arbeit mit den Klient*innen in den Fokus und lassen die anderen Ebenen aussenvor. Die Belastungen der lohnabhängigen Personen im Sozialen werden individualisiert. Wir müssen unsere Probleme in unserer Freizeit bearbeiten und aushalten. Unsere Belastung durch die Arbeit wird nicht als Auswirkung von strukturellen Rahmenbedingungen und gesellschaftlichen Verhältnissen betrachtet.
Somit kommen mehrere Faktoren zusammen: Eine hohe Arbeitsdichte, starke emotionale Belastung und ein persönliches Unbehagen dem eigenen (un-/)professionellen Handeln gegenüber. Die Erholungszeit, welche nötig wäre, um die Arbeitskraft wieder herzustellen, verlängert sich immer mehr, je stärker Belastungen sind. Wenn die Lohnarbeit ohne genügend Erholung verrichtet werden muss, nehmen die Stressresistenz und die Resilienz ab, sowie das Unbehagen zu. Oft entsteht ein Teufelskreis, welcher nicht selten in Erschöpfung und Burn-Outs endet. Weiterhin stehen wir damit alleine da.
Hinzu kommt, dass die Arbeit im Sozialen durch das Merkmal der Care- und Sorgearbeit historisch überwiegend von FINTA und migrantischen Menschen ausgeführt wird. Unsere Arbeit erhält weniger Wertschätzung, was tiefere Löhne zur Folge hat. Oft hören wir, dass wir unsere Arbeit aus Überzeugung machen und es daher in Ordnung wäre, unbezahlte Überstunden zu machen oder uns einer hohen Belastung auszusetzen.
Wir haben genug davon! Deshalb organisieren wir uns im Branchensyndikat Soziales der FAU. Wir sind es gewohnt, uns für unsere Klient*innen einzusetzen und sie zu ermächtigen sowie übergeordnete, strukturelle Zusammenhänge aufzudecken und aufzubrechen. Es wird Zeit, dass wir diese Fähigkeiten auch für uns nutzen, uns um uns selbst und umeinander kümmern und die problematischen Arbeitsbedingungen im sozialen Bereich in gesellschaftliche Verhältnisse setzen und strukturell angehen.
Du bist mit deiner Belastung nicht alleine, sie hat System!
Brauchst du Unterstützung an deinem Arbeitsplatz, hast du Fragen zu (arbeits-)rechtlichen Themen, willst du dich mit anderen Sozis organisieren? Dann melde dich beim Branchensyndikat Soziales: