News zur Absenzverschärfung in Basel
im Mai 2025 reichte die FAJ eine Petition gegen die Absenzenverschärfung an Basler Gymnasien ein. Nun, ein halbes Jahr später ist die Antwort des Regierungsrats eingetroffen.
Was ist passiert?
Am 7. Mai 2025 haben wir unsere Petition gegen die geplante Verschärfung der Absenzenregelung an den Gymnasien im Kanton Basel-Stadt beim Erziehungsdepartement eingereicht. Über 1100 Unterschriften sammelten wir in nur wenigen Wochen. Davon sind ca. 1000 Unterschriften von Schüler:innen. In Basel besuchen ca. 2700 Schüler:innen das Gymnasium – mehr als ein Drittel unterschrieb also die Petition!
Am 14. Oktober 2025 erhielten wir eine Antwort des Regierungsrates Basel-Stadt. Wie zu erwarten beharrt das Erziehungsdepartement weiterhin auf der Umsetzung der Verschärfung. Überrascht hat uns jedoch, dass sich die Begründung kein Stück verändert hat: Gute Argumente sucht man weiterhin vergebens. Herr Cramer, der Regierungspräsident von Basel-Stadt, bedankt sich bei uns für unseren «solidarischen Einsatz» und wie wichtig auch ihnen doch das Wohlbefinden der Schüler:innen ist. Wenn man weiterliest, wirken diese Floskeln schon fast sarkastisch.
Herr Cramer betont, wie wichtig der Präsenzunterricht sei und welche Kompetenzen alle nur durch diesen Präsenzunterricht gelernt werden können. Wir stimmen zu, dass der Präsenzunterricht wichtig ist, er bringt aber sehr wenig, wenn Schüler:innen gestresst, krank – kurz: unter Zwang – im Unterricht sitzen.
Weiter wird argumentiert, dass es sich ja gar nicht um eine Verschärfung handle, sondern nur um eine Konkretisierung – auch das ist nichts Neues. Wenn sich aber gar nichts ändern würde, wäre es auch keine Massnahme gegen Absentismus. Zudem zeigt die Realität ein anderes Bild als jenes, dass das ED zeichnet: Das ED behauptet, es gäbe Beispiele von anderen Orten, an denen sich diese Regelung bewährt hat. Allerdings berichten Schüler:innen in der Berufsschule oder der FMS von viel Stress, welche die 80%-Regelung auslöst, und gehen zum Teil krank in die Schule, da sie sonst nicht auf eine Anwesenheit von 80% kommen würden oder sich die Tage aufsparen wollen, falls sie nochmals und schwerer krank werden. Auch die Ausnahmen von der Regelung bleiben weiterhin unkonkret und nicht definiert. Da wäre zur Abwechslung eine Konkretisierung dringend nötig.
Auch argumentieren sie in ihrer Antwort, dass die neue Regelung eine Chance wäre, dass Lehrpersonen und Schulleitungen mehr ins Gespräch mit den Schüler:innen kommen. Also eigentlich, dass Schüler:innen sich erklären müssen, wenn sie viel bzw. mehr als 20% fehlen.
Wenn unserem Anliegen jetzt schon kein Gehör geschenkt wird, obwohl sich die Mehrheit aller Schüler:innen dagegen ausspricht und obwohl über ein Drittel aller Schüler:innen mit einer Petition dazu klare Stellung beziehen, glauben wir nicht, dass sich das nun plötzlich aufgrund dieser neuen Regelung ändern sollte. Zudem möchten wir nicht, dass wir über Krankheiten, psychische oder familiäre Probleme mit Lehrpersonen sprechen müssen, wenn wir nicht wollen.
Ein Konzept als Rechtfertigung
Die Reaktion des ED beschränken sich bis jetzt auf ein paar schöne Worte und ein Konzept gegen Absentismus. Ein Konzept, das noch niemand gesehen hat und deswegen genauso gut der Rechtfertigung der Massnahmen dienen kann. Wir denken aber nicht, dass dieses «Konzept» das Problem lösen könnte. Sensibilisierte Lehrpersonen und bessere Aufklärung sind gut, funktionieren aber nicht auf der Grundlage einer Präsenzpflicht von mehr als 80%.
Wieso beharrt das ED weiterhin auf der Verschärfung?
Wir denken aber, dass sich das ED der Problematik sehr wohl bewusst ist. Das Problem ist nicht, dass sie uninformiert sind, sondern dass sie nicht in unserem Interesse handeln, sondern in ihrem eigenen. Die Schule ist ein Ort, an welchem wir lernen sollen leistungsfähig, gehorsam und diszipliniert zu sein, damit wir auf die Arbeitswelt optimal vorbereitet werden. Dies umzusetzen, liegt mitunter auch am ED. Seit Jahren ist es in Basel Thema, dass wir zu viele Gymnasiast:innen hätten. So hat Conradin Cramer (damals noch Vorsitzender des ED) in einer Medienmitteilung schon 2018 davon gesprochen. Damals gab es jedoch erst 2‘152 Gymnasiast:innen, nun sind es 600 mehr geworden. Sie finden es also nötiger denn je, dass Leute aus den Gymnasien fliegen. Das ED möchte die Verschärfung nicht aus Unverständnis umsetzen, da es ihrem eigenen Interesse dient.
Warum auch auf linke Politiker:innen kein Verlass ist
Die Absenzenverschärfung ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch vermeintlich linke Politiker:innen nicht zwingend in unserem Interesse handeln werden, sobald sie gewählt wurden. Es ist gut vorstellbar, dass Herr Atici, Politiker der SP und Vorsteher des ED, eigentlich unser Anliegen nachvollziehen kann und vielleicht sogar teilt, seine Position als Vorsitzender des ED es aber nicht erlaubt, uns recht zu geben. Die Schulen in Basel-Stadt stehen im Verhältnis zu den Schulen in anderen Kantonen und diese wiederum in internationaler Konkurrenz. Kurz: Auch linke Politiker wie Atici müssen das Spiel mitspielen, wenn sie ihre Stellung, wie zum Beispiel der Vorstand des ED, legitimieren und sichern wollen.
Was jetzt?
Genau wie unsere Interessen denen des ED entgegengesetzt sind, sind sie auch denen der Chefs entgegengesetzt. Während wir mehr Lohn und kürzere Arbeitszeiten wollen, kann das den Profit mindern und steht somit im Gegensatz zu den Interessen der Chefs. Um ein gutes Leben für ALLE zu erkämpfen, gilt es, diesen Interessenwiderspruch aufzulösen. Dies erreichen wir, indem wir uns gewerkschaftlich organisieren und durch gemeinsame Kämpfe Errungenschaften verteidigen, wie die Absenzenverschärfung zu verhindern, bessere Bedingungen in der Schule oder auf der Arbeit zu erkämpfen und die Organisierung der Arbeit und Bildung an sich infrage stellen.
Wir können uns mit der mageren Antwort des ED nicht zufrieden geben. Es kann nicht sein, dass ein Drittel aller Gymnastiant:innen schlichtweg kein Gehör geschenkt wird. Wir werden weiterhin versuchen, das ED von der Verschärfung abzubringen, und dafür brauchen wir dich. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir nur wenig verändern können, wenn wir alleine sind. Schliessen wir uns aber zusammen, können wir auf der Arbeit, in der Uni oder in der Schule etwas bewegen! Melde dich, falls du unterstützen möchtest oder selbst Ideen hast. Oder werde direkt Mitglied bei der FAJ.