Prekarisierung beim Namen nennen
Arbeit auf Abruf, befristete Arbeitsverträge, geringfügiger Beschäftigungsgrad oder Temporärarbeit: Immer mehr Menschen arbeiten unter sogenannten „atypischen“ Arbeitsbedingungen. Diese zeichnen sich durch mangelnde sozial- oder arbeitsrechtliche Abdeckung sowie mangelnde Existenzsicherung aus. So atypisch sind diese Beschäftigungsformen keineswegs, denn laut dem Bundesamt für Statistik waren 2022 rund 10 % aller Arbeiter*innen in der Schweiz in einem solchen Arbeitsverhältnis beschäftigt.
Der von offizieller Seite sehr beschönigende Begriff verschleiert, was atypische Arbeitsverhältnisse in erster Linie sind: prekär. Die Arbeiter*innen können sich bei gleichbleibenden oder aktuell steigenden Lebenshaltungskosten nicht auf ein regelmässiges Einkommen verlassen.
Beispielsweise kann aufgrund saisonaler Nachfrageschwankungen bei der Arbeit auf Abruf weniger gearbeitet werden als erwartet, während gleichzeitig von den Arbeiter*innen oftmals maximale Flexibilität verlangt wird. Dadurch nimmt das Arbeitsverhältnis, obwohl nicht oder nur wenig gearbeitet und Geld verdient werden kann, sehr viel Raum und Zeit im Leben der Arbeiter*innen ein. Oder Temporärarbeiter*innen wird innert weniger Tagen gekündigt und wann und ob das entsprechende Personalverleihbüro eine Stelle findet, ist unsicher. Bei offiziellen Zahlen zu „atypischen“ Arbeitsbedingungen nicht eingerechnet sind Arbeiter*innen in der Gig Economy – also Freelancer*innen, die sich über das Anbieten ihrer Arbeit auf Plattformen von Auftrag zu Auftrag hangeln. Ebenfalls nicht eingeschlossen werden Working Poor, also Menschen, die trotz einer hohen Beschäftigung ihre Lebenshaltungskosten nicht oder nur knapp decken können. Laut SRF lebten in der Schweiz im Jahre 2023 Schätzungen zufolge 300‘000 Menschen, auf die diese Definition zutrifft. Da armutsbetroffene Menschen stark stigmatisiert werden, kann davon ausgegangen werden, dass die Dunkelziffer deutlich höher sein dürfte. Abschliessend muss betont werden, dass Einkommensunsicherheiten oder -schwankungen, also die definierenden Charakteristika von Prekarisierung, sich nicht nur auf Arbeitsverhältnisse beziehen können. So kann auch die Höhe von Sozialversicherungsbeiträgen oder der Sozialhilfe Schwankungen unterliegen, etwa aufgrund von Sanktionen oder Uneinigkeit bei der Zuständigkeit. Und die Lebenssituation all der betroffenen Menschen kann durch verschiedene Umstände nochmals prekärer werden, etwa wenn das Einkommen noch tiefer wird (z. B. aufgrund von Krankheit) oder die Lebenshaltungskosten steigen.
Kurz: Prekarisierung kann jede*n treffen und führt zu finanzieller sowie psychischer Belastung. Doch obwohl immer mehr Menschen unter prekären Bedingungen leben und arbeiten, gibt es kaum niederschwellige Angebote zur finanziellen Unterstützung.
Der FAU-PrekariFonds
Genau aus diesem Grund haben wir den FAU-Prekarifonds gegründet. Um FAU-Mitglieder in prekären Situationen unterstützen zu können, erhält der FAU-PrekariFonds 10 % aller Mitgliederbeiträge der FAU. Alle FAU-Mitglieder können beim FAU-PrekariFonds pro Jahr bis zu 500.- Franken beantragen. Wir haben uns darum bemüht, den Antrag so simpel und niederschwellig wie möglich zu halten. Die Anträge werden mit höchster Diskretion behandelt und die Daten innerhalb eines buchhalterischen Jahres gelöscht. Der FAU-PrekariFonds legt jeweils an der Mitgliederversammlung Rechenschaft über die getätigten Ausgaben ab.
Das Antragsformular kann auf der FAU-Webseite (www.faunion.ch) heruntergeladen und anschliessend ausgefüllt an die Mail des Prekarifonds geschickt werden.
Hast du Fragen zum PrekariFonds, möchtest du gerne selbst in der AG FAU-PrekariFonds aktiv werden oder benötigst du finanzielle Unterstützung? Dann melde dich: