Hotelreiniger*innen im Streik

In Europa grassiert seit längerem ein neoliberales Übel auf dem Arbeitsmarkt: Immer mehr Arbeiten werden an Subunternehmen ausgelagert, wobei Job-, Arbeits- und die soziale Sicherheit der Arbeiter*innen leiden. Besonders hart getroffen hat es die Reinigungsbranche – auch in der Schweiz. In Frankreich und Spanien organisieren sich nun Reinigungskräfte in Hotels – welche oft weiblich und Migrant*innen sind.

 

Das Beispiel Elior in Frankreich

 

 

Wie so viele Hotels hatte das NH Collection in Marseille seine Zimmerreinigung an ein Subunternehmen ausgelagert. Als das Hotel Ende 2018 das Unternehmen wechselte, änderte sich auch einiges für die Putzmenschen: Die Löhne gingen runter, Essenspausen wurden gestrichen, Transport neuerdings nicht mehr bezahlt, einige Arbeitsstunden einfach nicht bezahlt. Als elf Frauen sich daraufhin entschieden, das Subunternehmen Elior darauf anzusprechen, geschah gar nichts. Sie erhielten nicht einmal eine Antwort. Auf Verhandlungen mit der herangezogenen CNT-SO (Solidarité Ouvrière) wollte Elior nicht einmal eintreten. Nach all dem reichte es den Angestellten und sie traten in den unbefristeten Streik. Streikposten bezogen sie nicht nur vor Elior, sondern auch vor den Hotels von NH Collection: Denn so einfach dürfen sich die Hotels nicht aus der Verantwortung ziehen, wenn sie die Arbeit auslagern. Oder wie die Streikenden sagen: „Elior voleur! NH, complice!“, Elior ist der Dieb und die Hotelkette deren Komplizin.

Weitere Infos zum Arbeitskampf der Putzfrauen und der CNT Solidarité Ouvrière findet ihr unter:

www.revoltmag.org/articles/vorbei-mit-der-sklaverei/

 

Elior zieht vor Gericht und verliert

 

Nachdem die Elf in den Streik getreten waren, kam schon kurz darauf die erste gerichtliche Vorladung von Seiten Elior reingeflogen. Dabei ging es um ein Verbot der Streikposten. Das Gericht gab jedoch schlussendlich den Streikenden Recht und zwang Elior, Gespräche mit der CNT-SO und den Streikenden zu beginnen. Der Arbeitskampf dauert immer noch an und sieht nicht schlecht aus: Die Streikenden können auf eine grosse Menge an Unterstützer*innen darunter auch Gilets Jaunes zählen und auch der mediale Druck auf Elior wächst. Das Subunternehmen scheint sich momentan jedoch an der Taktik des Ausblutens zu versuchen: Selbst nachdem die Mediation gerichtlich angeordnet wurde, ziert sich Elior davor, mit den Streikenden und der Gewerkschaft in ernsthafte Verhandlungen zu treten. Ziel soll es wohl sein, dass den Streikenden auf die Dauer die Lust vergeht. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Je länger der Konflikt nun schon andauert, umso entschlossener sind die Streikenden.

 

In Spanien machen die Kellys Dampf

 

Auch die lose Vereinigung Las Kellys – vom spanischen „las que limpian“, in deutsch etwa „jene die sauber machen“ – sind schon mehrmals in den Streik getreten. Nachdem in Spanien aufgrund der Finanzkrise 2008 immer mehr Menschen ihren Job verloren und zeitweise jeder fünfte Mensch in Spanien arbeitslos war, kam die konservative Regierung Rajoys und deregulierte massiv die Arbeitsrechte Spaniens. Dadurch „stieg“ zwar die Beschäftigung wieder, doch die meisten neuen Jobs waren nun äusserst prekär. Das gleiche Schicksal erlebten auch mehrere Hotelzimmerreiniger*innen in den Feriendestinationen Spaniens. Auch sie wurden nun temporär und im besten Fall im Stundenlohn angestellt. Meist jedoch waren sie im Akkord angestellt: Je mehr Zimmer geputzt werden, umso mehr erbärmlichen Lohn gibt es. Job- und Arbeitssicherheit gibt es nicht mehr, dafür unmenschliche Arbeitsmengen und körperliche Belastung. In Spanien zeigt sich eindrücklich, dass die Finanzkrise auf den Rücken der Arbeiter*innen überwunden wurde.

 

Alles fing beim Austausch an

 

Angefangen hatten Las Kellys als Facebook-Gruppe, in der sie sich über die Arbeitsbedingungen austauschten und sich gegenseitig Mut machten. Nebeneffekt war, dass die Hotelreiniger*innen merkten, dass die erlebten Missstände nicht individuell sind, sondern in der ganzen Branche vorherrschen. Bald schon war der Frust genug gross, dass sich Las Kellys organisierten und 2017 die ersten Streiks und weitere Arbeitskämpfe anzettelten. Der Kampf der Kellys wird von keiner grossen Gewerkschaft getragen, ihnen scheint – wie oft leider auch in der Schweiz – das Leiden der Putzfrauen „zu gering“ zu sein, und auch zu wenig lukrativ. Daher organisieren sich Las Kellys mittlerweile vor allem lokal, auch wenn es jährliche Föderationstreffen, Austausch und Solidarität zwischen den einzelnen Ortsgruppen gibt. Die Bewegung hat es mittlerweile mit ihren Aktionen in die breite Öffentlichkeit geschafft. Und wie auch in Frankreich gelobt die Regierung, nun alles zu tun, um die Lage der Putzkräfte in Hotels zu verbessern – verschweigt jedoch, dass sie selbst eine der grössten Komplizinnen in dieser Ausbeutungsmaschinerie sind. Es waren eben jene Politiker_innen, welche die Arbeitsrechte aufgrund der Wirtschaftskrise massiv verschlechtert haben.

 

Grundproblem Rassistische Ausbeutung

 

Viele Menschen in der Reinigung sind ihren Bossen schutzlos ausgeliefert. Ein Grossteil der Reinigungsarbeiten geschehen immer noch schwarz1. Das heisst dann: Wenn du krank bist oder einen Unfall hast, bist du auf den guten Willen deiner Arbeitgeber*innen angewiesen. Dass diese nicht viel für dich bezahlen wollen, zeigt sich jedoch schon bei den Dumping-Löhnen.

Bei migrantischen Arbeiter*innen generell kommt zudem oft die Unkenntnis regionaler Arbeitsgesetze dazu. Dies führt dazu, dass diese Menschen oftmals selbst um den ihnen zustehenden, beschissenen Mindeststandard in einem Land betrogen werden, ohne dass sie es merken. Bei Schwarzarbeit ist es auch noch so, dass sich nicht nur die Bosse schuldig machen, sondern auch die Arbeiter*innen. Natürlich mucken sie dann nicht auf, wenn sie Bussen oder gar die Ausschaffung riskieren, wenn die Schwarzarbeit auffliegt. Die rassistischen Migrationsregimes Europas stützen somit die Schwarzarbeit, anstatt diese zu bekämpfen.

 

Auch in der Schweiz

 

Auch das Sheraton Hotel in Zürich (Bild) wird wegen miserabler Arbeitsbedingungen bestreikt.

Im Gegensatz zu Spanien und Frankreich kennt das Schweizer Recht nur mangelhaften Schutz gewerkschaftlich Aktiver. Meist wird bei missbräuchlichen Kündigungen – also zum Beispiel aufgrund der Beteiligung an Arbeitskämpfen – lediglich eine Kompensation von drei Monatslöhnen bezahlt. Ein Recht auf Wiedereinstellung gibt es nicht.

 

Trotzdem hatte sich das Putzpersonal des Sheraton Hotels in Zürich Ende August zum Warnstreik entschieden. Angeprangert wird auch dort die Auslagerung an ein Subunternehmen, unbezahlte Löhne, Mobbing wie auch eine zu grosse Arbeitslast. Also genau das gleiche, wie schon in Frankreich und Spanien.

Auch in der Schweiz sind oftmals Migrant*innen in der Reinigungsbranche, welche das hiesige Recht zumindest anfangs nur schlecht kennen. Genau dieses Unwissen und die Abhängigkeit von der Arbeit nutzt die Schweizer Reinigungsindustrie schamlos aus. Dagegen hilft nur eins: Organisieren – Kämpfen – Gewinnen!

 

FAT

1Zahlen aus 2017 gehen in Deutschland von über 80% Schwarzarbeit bei Haushaltshilfen aus

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