Gemeinsam mit den kämpfenden Reiniger*innen

Wir haben genug von leeren Versprechen und Heuchelei

Seit mehreren Monaten haben sich die Reinigungs­kräfte bei Enzler mit der FAU (Freie Arbeiter*innen Union) und den IWW (Industrial Workers of the World) im Reinigungskollektiv organisiert, um ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern: Sicherheitsstandards werden nicht angewendet, Zeitpläne nicht beachtet, sie arbeiten eigentlich auf Abruf. Dies sind bloss einige der Missstände mit denen die Arbeiter*innen zu kämpfen haben.

Mitte Juni meldeten wir die Angelegenheit beim Arbeitsinspektorat. Seit darüber in der Presse berichtet wurde, hat sich der Druck auf die Arbeiter*innen erhöht. Die Bosse versuchen herauszufinden, wer Mitglied unserer Gewerkschaft ist und sagen den Arbeiter*innen, dass sie, wenn sie ein Problem haben, zu ihnen oder zur Unia (gelbe Gewerkschaft) gehen sollen, aber nicht zu unseren Gewerkschaften.

Der Druck hat sich zuletzt sogar in gewerkschaftsfeindliche Repression verwandelt. Kürzlich wendete sich eines unserer Mitglieder nach homophoben Angriffen gegen ihn an die Presse. Für diesen Bericht wurde ein Delegierter unserer Gewerkschaften gebeten, die Situation der Enzler-Arbeiter*innen zusammenzufassen. Biogen untersagte nach Veröffentlichung des Berichts unserem Delegierten sofort das Betreten des Werks, was zu seiner sofortigen Freistellung durch seinen Arbeitgeber (ein anderer Subunternehmer am Biogen-Standort in Luterbach) führte.

Während Enzler und Biogen Druck auf unsere Mitglieder und Sympathisant*innen ausüben, spielt die Unia das Spiel der Bosse mit. Enzler hat die Unia eingeladen, bei obligatorischen Versammlungen zu den Arbeiter*innen zu sprechen. Die Unia macht immer alles, um die Bosse zufrieden zu stellen und um einige neue Mitgliedschaften zu gewinnen. Sie zögerte deshalb keine Sekunde, dem Hilferuf des Arbeitgebers nachzukommen. In einer für die Arbeiter*innen surrealen Übung führte der Arbeitgeber die Unia als unumgänglichen Partner, als «offizielle Gewerkschaft» ein. Die UNIA präsentierte sich daraufhin den Arbeiter*innen als unverzichtbare Gewerkschaft, lobte die Sozialpartnerschaft und sagte obendrein, dass die wichtigste Aktion der Gewerkschaft im Reinigungssektor der Gesamtarbeitsvertrag GAV sei.

Ein wertloser GAV

Doch dieser GAV ist das Papier nicht wert, auf dem er gedruckt ist: er ist ein Hauptgrund für die prekäre Situation der Reinigungskräfte. Die Unia betont zwar, dass die Löhne dank dem GAV gestiegen sind und sie sind sicher besser als die Hungerlöhne, die vorher üblich waren. Die GAV-Löhne sind aber immer noch tiefer als der Mindestlohn, den die Unia selbst fordert. Dieser GAV enthält ausserdem keinen Schutz für die Arbeiter*innen. Die Schwäche dieses GAV, auf den die Unia so stolz zu sein scheint, ist der Kern des Systems der Ausbeutung und Prekarisierung der Reinigungskräfte. Ein Beispiel dafür ist, dass dieser GAV nicht einmal vorsieht, dass die Zeitpläne den Arbeiter*innen im Voraus mitgeteilt werden! Die ausbezahlten Löhne sind auch deswegen immer noch sehr niedrig, weil die meisten Arbeiter*innen im Stundenlohn arbeiten und keine garantierte Wochenarbeitszeit haben.
Dieses Treffen zwischen Bossen und Gewerkschaften Hand-in-Hand wäre eine Posse geworden, die einer Diktatur würdig gewesen wäre, wenn nicht viele Arbeiter*innen mutig und entschlossen der Unia und Enzler gesagt hätten, wie schlecht sie beide finden. Diese Arbeiter*innen meldeten sich in einem echten Moment der Gewerkschaftlichkeit, des Kampfgeistes und, um es zu betonen, des Mutes zu Wort. Es sind diese Arbeiter*innen, die uns den Weg vorwärts zeigen, sie sind diejenigen, die unsere aktive und kämpferische Gewerkschaftsbewegung ausmachen. Die Unia kann versuchen, die Arbeiter*innen weich zu klopfen und ihnen versprechen, dass sie sich um ihre Probleme kümmern wird. Die Wahrheit ist, dass ohne den Konflikt, den diese Arbeiter*innen mit dem Reiningungskollektiv, der FAU und der IWW ausstehen, dieses Treffen nicht stattgefunden hätte. Wir sehen uns gezwungen, der Unia eine letzte Warnung auszusprechen: Sollten ihr Gemauschel und ihre Intrigen die kämpferischen Reinigungskräfte gefährden, wird sie das volle Ausmass unseres Zorns zu spüren bekommen.
Egal, wie sehr die Unia manövriert und wie viele Versprechungen und Zusicherungen die Bosse machen; egal, wie sehr die Unia versucht, ein Mandat von den Arbeiter*innen zu bekommen und uns, die Mandatsträger*innen, unsichtbar zu machen. Der Kampf der Enzler-Reiniger*innen hat gerade erst begonnen!

Die Reinigungskräfte haben uns ein Mandat erteilt, sich in einem ersten Schritt mit Biogen zu treffen, weil sie die Nase voll haben von diesem Durcheinander, in welchem sich die beteiligten Firmen, das Subunternehmen Enzler und die Auftragsgeberin Biogen, jedesmal die Verantwortung zuschieben, wenn die Arbeiter*innen ein Anliegen haben.

Die Arbeiter*innen wollen Biogen auch treffen, weil sie sich von diesen juristischen Gebilden nichts vormachen lassen: In einem Industriegelände mit Dutzenden Überwachungs- und Sicherheitsmassnahmen glaubt niemand daran, dass dort etwas ausserhalb der Kontrolle von Biogen passiert. Die Arbeiter*innen sind überzeugt, dass alles, was bei Enzler passiert, mit dem Einverständnis von Biogen geschieht. Der Konflikt besteht nicht, wie Biogen uns glauben machen will, mit Enzler allein, sondern mit Biogen und Enzler.

Derzeit weigert sich Biogen, sich mit uns zu treffen, mit dem Argument, dass der Konflikt ausschliesslich mit seinem Subunternehmer Enzler besteht. Aber das hält Biogen nicht davon ab, hinter den Kulissen direkte Angriffe auf die Arbeiter*innen und unsere Gewerkschaften zu führen.

Wir werden uns durch die Manöver von Biogen, Enzler und Unia nicht einschüchtern lassen. Wir werden weiter kämpfen. Biogen muss sich bereit erklären, eine Delegation des Reinigungskollektivs, der FAU und der IWW zu empfangen und Verhandlungen aufzunehmen!

Forderungen der Enzler-Arbeiter*innen

  1. Erhöhung der Monatslöhne!
  2. Sicherheit
    Nie alleine arbeiten
    Der betriebsärztliche Dienst von Biogen muss auch den Enzler-Arbeiter*innen offen stehen
    Sicheres, das heisst bessere Schutzausrüstung gegen Chemikalien
  3. Einsatzpläne müssen einen Monat vor dem jeweils ersten Einsatz bekannt sein!
  4. Minimum 2 komplette Wochenende pro Monat frei!
  5. Der Arbeitsdruck ist zu hoch, es braucht mehr Personal!
    Genug, also mehr, Personal in jeder Kategorie
    Neuanstellungen werden zuerst in der tieferen Kategorie gesucht (z.B. freie Stelle in Spezialreinigung wird mit Person aus GMB besetzt), dann erst extern besetzt
  6. Keine Trennung mehr zwischen Personal von Enzler und Biogen!
    Enzler-Arbeiter*innen dürfen Cafeteria von Biogen benützen
    Toiletten von Biogen müssen auch für alle Enzler-Arbeiter*innen offen sein
    Alle Wasserstellen sind für alle Enzler-Arbeiter*innen benützbar
  7. Stempelung der Arbeitszeit am Gebäudeeingang! Umkleidezeit gehört zur Arbeitszeit!
  8. Schwere Arbeiten
    Maximal 1 Stunde, danach Wechsel
    Masken maximal 2 Stunden tragen, danach Pause
  9. Mehr Ruhezeit!
    Zwischen zwei Schichten muss die Ruhezeit 11 Stunden betragen (einmal pro Monat kann sie auf 8 Stunden reduziert werden, wenn der Monatsdurchschnitt mindestens 11 Stunden beträgt)
  10. 42 Stunden pro Woche müssen garantiert sein!
  11. Essensgeld für jede*n, der mehr als 6 Stunden arbeitet!
  12. Zuschlag für Sonntagsarbeit
  13. Kein Outsourcing mehr! Enzler-Arbeiter*innen werden direkt bei Biogen angestellt

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